2003
2002
vor 2001
 
Rolf Krenzers Musical "Der Prinz aus Dillenburg" soll schon im Sommer 2004 seine Premiere feiern

DILLENBURG (gl). Den "Mittelpunkt der Weltgeschichte" nannte der Historiker Heinrich von
Treitschke Dillenburg einmal, und wenn man heute so durch die ehemalige Residenzstadt am
Fuße des Westerwalds geht, stößt man zwar gelegentlich auf historische Zeugnisse, der viel
zitierte "Mantel der Geschichte" weht aber schon längst nicht mehr durch die Gassen der
Oranienstadt. Das soll und könne sich im Sommer nächsten Jahres ändern, wenn auf der
Freilichtbühne am Fuß des Wilhelmsturms ein Theaterstück mit viel Musik Premiere haben
wird, das der Dillenburger Kinder- und Jugendbuchautor Rolf Krenzer in den vergangenen
Monaten verfasst und dessen Liedtexte der Greifensteiner Komponist und Musiker Siegfried
Fietz vertont hat.,,Der Prinz aus Dillenburg? heißt das Werk, in dessen Mittelpunkt natürlich
Wilhelm von Oranien steht, aber neben ihm und mindestens gleichberechtigt auch drei
wichtige Frauen seiner Zeit.

"Ich bin Dillenburger und gleichsam mit Wilhelm von Oranien aufgewachsen", betont Rolf
Krenzer, dem es wichtig ist dass das Stück auch an historischen Ort auf Freilichtbühne
uraufgeführt wird. Stadtarchivar Thomas Schmidt war es, der Krenzer in seiner Absicht, das
Stück zu schreiben, immer wieder bestärkte und ihm viel Quellenmaterial zur Verfügung
gestellt hat.


Ein Antikriegstück in Kriegszeit schreiben
"Es war schwer, in Kriegszeiten, ein Antikriegsstück zu schreiben, aber auch reizvoll",
erinnert sich Krenzer, der Anfang des Jahres, als die Amerikaner den Irak angegriffen hatten,
mitten in der Arbeit steckte. Und nicht von ungefähr heißt es denn auch in seinem schier
zeitlos scheinenden "Lied vom rechten Glauben": "Wird der Glaube zur Macht, wird es
manchem bald glücken, kann mit Macht, die er ausübt, andre leicht unterdrücken. Nicht sein
Glaube an Gott hat ihn so weit gebracht. Nur sein Glaube an sich selbst und an seine
Macht.?
Neben der Tatsache, dass vor rund 450 Jahren von Dillenburg aus Weltgeschichte geschrieb-
en wurde, ist Krenzer auch der Patriotismus - Aspekt wichtig. "Als Kämpfer für Toleranz un
Freiheit kann Wilhelm von Oranien auch heute noch ein Beispiel sein?, unterstreicht der
Autor, der in seinem Stück viel geschichtliches Faktenwissen gleichsam spielerisch
vermittelt, sich aber auch die eine oder andere dichterische Freiheit nimmt, bei der Historiker
ein Auge zudrücken müssen.
Krenzer erinnert daran, dass Wilhelm von Dillenburg aus entscheidend der Widerstand de
vom spanischen König Philipp II unterdrückten niederländischen Volkes leitete und dieses
nach mehreren Niederlagen auf den Weg in die Freiheit führte. Dabei geht es dem Autor
weniger um einen geschichtlichen Längsschnitt, vielmehr stellt er einzelne Ereignisse aus
dem Leben Wilhelms in den Mittelpunkt. Dazu gehört die Geburt seines Sohnes Moritz, der
Empfang der niederländischen Gesandten unter der legendären Wilhelmslinde und
schließlich Wilhelms Ermordung durch Balthasar Gerard alias Franz Guion.
Zentral ist für Krenzer aber auch gerade die schicksalhafte Begegnung von Wilhelms zweiter
Gemahlin Anna von Sachsen mit dem Vater des niederländischen Malers Peter Paul Rubens
und ihre Liebe zueinander, die nach der Geburt der unehelichen Tochter Christine für beide
ins Elend führt.

Anna von Sachsen, die eingekehrt im Wahnsinn stirbt, ist eine der drei großen und starken
Frauen der damaligen Zeit, denen der Autor spätes Recht widerfahren lassen möchte. Die
zweite ist Wilhelms Mutter Juliane von Stolberg, die einen sehr guten Einfluss auf all ihre
Kinder, Schwiegerkinder und Enkel hatte, die dritte Rubens Ehefrau Maria Pypelinck, die
Mutter des großen Malers.
Ihre ständigen Bittbriefe sind es, die schließlich den gehörnten Wilhelm, der selbst einige
nicht folgenlose Seitensprünge hatte, Gnade walten ließen. In Krenzers Stück ist es eine
Begegnung Marias mit dem Prinzen, die historische allerdings nicht verbürgt ist nach der
Wilhelm Rubens sen. aus dem Stockhaus entlässt.


Bei Rubens hat die Stadt eine Chance vertan
"Durch die in diesem Zusammenhang ausgesprochene Verbannung der Familie Rubens nach
Siegen kam Dillenburg um die Ehre, die Geburtsstadt des flämischen Malers zu werden; so
wurde eine einmalige Chance vertan?, sagt Krenzer schmunzelnd.

Noch vor gar nicht so langen Zeiten hielten Männer Frauen klein. Frauen hatten nichts zu
sagen, und es galt der Mann allein. Männer machen die Geschichte, das ist es, was man uns
lehrt. Umso schöner, wenn man plötzlich doch von einer Frau erfährt?, heißt es in Krenzers
Ballade von Maria Pypelinck, die eines von einem Dutzend Liedern ist, die das Stück zu
einem Musical, eines Art Singspiel machen und die Spielszenen zusätzlich beleben.

Binnen kurzer Zeit hat Siegfried Fietz einfühlsame Melodien zu Krenzers Balladen, Gesängen
und Tänzen komponiert, von denen er bei der Vorstellung des Stücks zur Gitarre einige
Kostproben gab. "Als ich das Stück las, war ich sofort von den feinen Sprachbildern und der
Geschichte begeistert, denn ,Der Prinz aus Dillenburg? hat alles, was ein gutes Musical
braucht: Hier wird geboren, gestorben, geliebt, gefeiert und geschossen?, bringt es Fietz, der
im Vorjahr zusammen mit Krenzer "Das Greifensteiner Glockenspiel? mit über 300 Akteuren
erfolgreich auf der Bühne gebracht hatte, auf dem Punkt.
Und auch der bekannte und erfolgreiche Musiker verweist auf seine Beziehung zu Wilhelm:
"Ich komme aus Hilchenbach, wo es auch einen Wilhelmsturm gibt. Dort auf dem Giller ober-
halb des Orts hatte Wilhelm der Heer gesammelt, um Flandern von den Spaniern zu befreien."


Hobbyhistoriker als Veranstalter
Der Dillenburger Geschichtsverein, deren Vorsitzender Erhard Ossner und Armin Rau eben-
falls zur Stück-Präsentation in die Villa Grün gekommen waren, wollen als Veranstalter der
Aufführungen fungieren, die beispielsweise im Rahmen des Schlossbergfestivals im Spät-
ommer nächsten Jahres über die Bühne gehen könnten. Außerdem eingebunden werden
sollen die im Organisationskomitee des Förderkreises zusammengeschlossenen Institutionen.
Bis zur Aufführung ist noch ein weiter Weg, und jede Menge Proben werden nötig sein. Erhard
Ossner steckt jetzt schon den historischen Rahmen ab: "Im nächsten Jahr jährt sich ein
Attentat auf Wilhelm-von-Oranien zum 420. Mal, und außerdem wurde Dillenburg vor 750
Jahren erstmals urkundlich erwähnt."