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Und immer schlägt es vom Turm
ciu Greifenstein. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Und immer schlägt vom Turm die Glocke.
Aus freudigem, traurigem, festlichem oder ganz offiziellen Anlass. Glocken gehören zum
Menschenleben und zur Menschheitsgeschichte dazu. Vom Anfang bis zum Ende. Ganz
privat und ganz allgemein. Vom leisen "kling, kling", bis zum wuchtigen "bim, bam" sind sie
Ausdruck von klitzekleinen und von raumgreifenden Gefühlen, von Freude, Angst und Leid.
Eben davon erzählt "Das Greifensteiner Glockenspiel", ein Musical von Rolf Krenzer (Text)
und Siegfried Fietz (Musik), das am Wochenende in zwei Ausführungen auf der Burg Greifen-
stein im benachbarten Hessen seine Premiere feierte. Vor großem Publikum, denn beide
Vorstellungen im Burgtheater waren restlos ausverkauft, und mit einem Ensemle von rund
300 Mitwirkenden aus Greifenstein und den umliegenden Orten. Männer-, Frauen-, Kirchen-
chöre waren dabei, der Kinderchor der Großgemeinde, der Posaunenchor, die Seniorentanz-
gruppe, der Bürgermeister und der Pfarrer auch.
Ein organisatorisches Bravourstück, das Hannelore Beard (AG Glockenspiel), Tabea Matt-
häus (Regie) und Siegfried Fietz (gesamtkünstlerische Leitung) ablieferten. Eines, bei dem
nach viel, viel Arbeit am Ende "Freude, Erleichterung und Zuversicht" stand, wie Siegfried
Fietz, gebürtiger Hilchenbacher-Allenbacher, der seit über 30 Jahren in Greifenstein-Allendorf
lebt, im Gespräch mit der Siegener Zeitung sagte. Durch das gemeinsame Spiel seien die
Menschen im Ort miteinander ins Gespräch gekommen. Dass sich das fortsetzen möge, sei
seine Vision. Eine andere sei die, dass auf Burg Greifenstein weiterhin Leben sei. "Da will ich
gerne mithelfen."
"Das Greifensteiner Glockenspiel" entstand anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Groß-
gemeinde Greifenstein und des 300. Geburtstages der prächtigen Schlosskirche. Und doch
ist es kein eigentliches Heimatstück. "Es war wichtig, dass es hier spielen konnte, doch das
Musical funktioniert auch anderswo", sagt Rolf Krenzer, der von Dillenburg aus schon als
Schüler, später dann als Lehrer Klassenausflüge nach Greifenstein unternahm und dadurch
zum realen Bezugspunkt seiner fiktiven Geschichte einen auch persönlichen Zugang hat.
Zum inhaltlichen Rahmen des Glockenspiels": Eine Familie - Vater, Mutter, drei Kinder und
der Opa - macht auf Urlaubsfahrt Rast an der Burg Greifenstein. Sie besucht das Glocken-
museum und erlebt die Glocken-Geschichte in musikalischen und szenischen Bildern. Starke Bilder entstehen auf der Bühne gleich neben dem "Tiefen Gefängnis'". Vor allem die "Reise" ins ausgehende Mittelalter lohnt: mit dem österlichen Gang der Bauern zum Burgherren, die zum Teil rot gefärbten Zinseier in den Körben; mit dem kleinen, fein getanzten "Minuettchen"; mit der pompösen Hochzeit am Hofe.
Die Musik dazu spielt mit den Möglichkeiten des Themas "Glocke" (auch das Pagageno-
Motiv ist zu hören); die Lieder sind eingängig, mitsingbar, haben zuweilen - wie der Titelsong
"Die Glocken verbinden" - Ohrwurmqualitäten.
Bei der Uraufführung in Greifenstein bot die exzellente Band um Siegfried Fietz (Armin Müller
Keyboard, Wolf Kodera, Sopran-Saxofon, Gerhard Barth, Bass, Joachim Michelmann, Per-
cussion) den Sängerinnen und Sängern, Schauspielerinnen und Schauspielern eine sichere
Plattform ,völlig befreit zu singen und zu spielen. "Sie hatten die Gewissheit, du kannst was,
du kannst dich nicht blamieren", resümierte Rolf Krenzer und freute sich daran.
Zum Stück gibt es eine CD (Abakus), die neben dem Musical (hier sind auch Siegener Rund-
funkstimmen zu hören!) zudem Klangbeispiele der Glocken des Deutschen Glockenmuseums
in Greifenstein liefert, und ein Lieder- und Textheft, das Aufführungen anregen will.
Siegener Zeitung |
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